Graduate Seminar in Theatre Studies at Keio University

Activities

Facets of Emotions in Transcultural Theater

Venue
Discussion Room, 5th floor of South Building “minami-kan” at Mita Campus of Keio University
Datum
9. Februar (So.) 2020, 10:30 – 16:15

Papers
Prof. Dr. Eiichiro Hirata (Keio-Universität Tokyo) Begrüßung
Dr. Koku G. Nonoa (Université du Luxembourg Maison des Sciences Humaines) Inszenierung von Gefühlen und Affekten im transkulturellen Theaterverständnis
Kurina Kurita (Keio-Universität Tokyo) Lachen auf der Grenze – Serdar Somuncu liest „Mein Kampf" vor
Chisa Tanimoto (Keio-Universität Tokyo) Überschreitungsmoment im Akt des Lesens. Am Beispiel von Yoko Tawadas Gedicht Die 逃走 des 月s
Associate Prof. Dr. Chikako Kitagawa (Keio-Universität Tokyo) Gefrorene Emotion – Anmerkungen zu Salvatore Sciarrinos Oper Da gelo a gelo

As the finale of the three-year JSPS project "Research on Transcultural Theatre", we held an international symposium focusing on music theatre and performance. The correlations of music and emotion, and art appreciation and sensibility seem self-evident from our art experiences, but there are still unique combinations of them which the contemporary theatre and opera performances have created in challenging and even “strange” manners. Four researchers from Tokyo and Africa/Europe investigated these unique relationships and discussed with the audience.

Topic descriptions

Das Theater lässt sich wesentlich als „Schauplatz des Fremden“ (B. Waldenfels) bzw. als „Medium der Hinwendung zum Fremden“ (G. Heeg) begreifen. Schon seit dem Theater der Antike fungierte das Fremde, vor allem in der Begegnung, im Konflikt und im dialektischen Widerspiel mit dem ‚Eigenen‘, als ein Motor der Handlung. Auch die Kunstform Oper erfuhr wichtige Impulse vermöge einer Thematisierung des Fremden. Seit dem späten 18. Jahrhundert erregten in Europa gerade jene Opernwerke Aufmerksamkeit, welche Schauplätze in fernen Ländern – etwa des arabischen oder des ‚fernöstlichen‘ Kulturraums – aufsuchten und damit zugleich exotische Elemente in Handlung und musikalische Gestaltbildung hineinnahmen. Indes wurde solche Opernkunst stets aus der Perspektive der Interkulturalität wahrgenommen und erforscht, einer Perspektive, welche die Polarität von vermeintlich eigener und fremder Kultur als selbstverständlich voraussetzte. In der gegenwärtigen Opernpraxis einer globalisierten Welt gilt jedoch dieses herkömmliche, auf schlichter Gegenüberstellung gründende Verständnismodell nicht mehr. Ist etwa eine Oper auf der Basis des traditionellen No-Theaters konzipiert, so erscheint es fraglich, ob heutige Japaner dies Überkommene tatsächlich noch als ‚Eigenes‘, ihnen unmittelbar Zugehöriges erfahren. Erhalten solche traditionellen Elemente nicht selbst für sie eine exotische Anmutung? Wie also sind Konstellationen von Fremdem und Eigenem in der Oper aufzufassen? Aus der Perspektive des Transkulturellen Theaters – nach Heeg eine „umfassende kulturelle Praxis des Denkens und Handelns“ – sollen solche Konstellationen neu befragt werden.
Das Widerspiel von Fremdem und Eigenem vollzieht sich in der Oper immer auch in einem Geflecht von Gefühlen, Empfindungen und Affekten. Räume gesteigerter Emotionalität kennzeichnen die Kunstform Oper, denn Gesang und orchestrale Musik entfalten sich als eine „Sprache der Gefühle“; sie ermöglichen eine komplexe Emotionsdarstellung, die gerade Grenzbereiche auslotet und so zugleich eine spezifische Rezeption befördert. Hierauf verweist Alexander Kluge, wenn er die Oper als „Kraftwerk der Gefühle“ anspricht. Kluges prägnante Formel trifft insbesondere auf die Konzeption des ‚Gesamtkunstwerks‘ zu, das die Zuschauer überwältigt, sie in die Handlung und ins Aufführungsgeschehen hineinzieht und auf Identifikation zielt. Transkulturelles Theater, das das Phantasma von Einheit, Ganzheit und kultureller Identität auflöst und stattdessen Brüche, Risse und den Gestus der Unterbrechung fokussiert, markiert hierzu einen Gegenentwurf. Gleichwohl hat Heeg darauf hingewiesen, dass gerade die Oper „das Vorbild und Modell für Brechts Theater“ darstellt, welches wiederum zum Modell für das Transkulturelle Theater geworden ist. Welche Facetten aber erhellen sich, wenn man die Oper im Spannungsgeflecht von Emotionsdarstellung und Transkulturalität in den Blick nimmt? In diesem Symposium wird das Eigene/Fremde im Verhältnis zu Affekt und Gefühl untersucht, indem über die Oper hinaus auch Literatur und das Theater allgemein in Betracht gezogen werden.


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